KUNSTARCHIV Hans-Peter Klie
Dieses Kunstarchiv stellt postmoderne, konzeptuelle Malerei, Fotokunst, Fotobücher, künstlerische Installationen und Texte, Multimedia-und Aktionskunst sowie Videoarbeiten von Hans-Peter Klie für private und öffentliche Informationszwecke online zur Verfügung. Ausgewählte Kunstwerke, Videos und Künstlertexte stehen zum Teil als animierte PDF-Dateien zum Download bereit, aber nur für die private Nutzung.
Pressematerial steht ebenfalls zum Download zu Verfügung. Das Werk von Hans-Peter Klie gliedert sich seit 1975 in formal sehr unterschiedliche Phasen. Seit 1980 sind es vor allem kunstphilosophische Gedankengänge, die häufig Bild-und Textbeziehungen künstlerisch reflektieren. Sprachphilosophie und verwandte denkerische Ansätze bilden oft den Ausgangspunkt. Kunst und Philosophie sind für Klie verwandte Disziplinen, er kann im direkten Wortsinn als Künstlerphilosoph bezeichnet werden. Aufgrund der Vielschichtigkeit seines Werks kann es formal und inhaltlich nicht eindeutig einem Stil zugeordnet werden – es lässt sich aber auf grundlegende Positionen der Moderne, auf Aspekte des Surrealismus und insbesondere auf die Postmoderne beziehen und steht in Verbindung zu philosophischen Gedankengängen von Blaise Pascal, Michel de Montaigne, Gottfried Wilhelm Leibniz, Friedrich Nietzsche, Ferdinand de Saussure, Ludwig Wittgenstein, Jean-François Lyotard, Jacques Derrida, dem Foto-und Medientheoretiker Vilém Flusser und anderen, auch zeitgenössischen Philosophen.
Geboren 1956 in Göttingen, waren seine Anfänge ab 1974 maßgeblich durch Paul Klee, Alfred Pohl und Horst Janssen beeinflusst. Seit 1976 studierte er bis 1982 in Berlin Malerei bei Herbert Kaufmann und kombinierte Collagetechnik und Ölmalerei. Sein Ziel war seit 1977 ein bewusst geplantes Bildfeld und ein „entsubjektiviertes“ künstlerisches Ergebnis; die Aufgabe des „gefühlsmäßigen Gestaltens“ bei gleichzeitiger Steigerung des Reflexionspotentials. Prägend waren für ihn René Magritte und seine Schriften. Er war Gründungsmitglied der Künstlergruppe „Schwertfeger"(mit Wolfgang Buchholz und Herbert Weber), der er bis 1983 angehörte und die mit den Leitbegriffen „Wahrnehmung -Assoziation -Dingcharakter“ arbeitete. In den folgenden Jahre entwickelte er seine „postmoderne Anschauung“, stellte die Ideen von Freiheit, Originalität und Authentizität in Frage, setzte bewusst Zitate anderer Künstler ein und verband historische und zeitgenössische Stile, Materialien und Methoden und unterschiedliche Kunstgattungen miteinander. 1988 und 1989 reiste er auf Einladung der Karl-Hofer-Gesellschaft und des Goethe-Instituts zu einem deutsch-kanadischen Künstleraustausch nach Montrèal. 1989 gründete er zusammen mit Martin von Ostrowski, Jan-Michael Sobottka und Albrecht Flieger die Gruppe „Der Kongreß". Neben der Realisation von Ausstellungsprojekten, Aktionen im öffentlichen Raum (z. B. “Palast der Republik – Aussenreinigung“) und Künstlerkongressen in Köln und Berlin, war die strömungsübergreifende Diskussion ein wichtiges Anliegen. Kern aller subversiven Aktionen und Aktivitäten der Gruppe war es, das System der Kunst zu hinterfragen und zu reflektieren, so in der Postkarten-Aktion 1990: „Der Deutsche Künstlerbund ist aufgelöst!“ 1992 erhielt er ein Arbeitsstipendium Bildende Kunst (Medium Fotografie) des Senats von Berlin. Die fotografische Sammlung der Berlinischen Galerie nahm ab 1993 Werke von ihm in ihre Sammlung auf. Zwischen 1997 und 2001 arbeitete er an der Werkgruppe „Amorphe Begriffe", die ein wesentliches Kompendium seiner bisherigen Reflexionen von Bild und Sprache darstellte. Serielle Tableaus, geordnete, schautafelhaft-streng komponierte Fotografien wurden mit grafischen Strukturen, Wörtern, Buchstaben oder Zahlen kombiniert. Der Titel „Amorphe Begriffe“ bezieht sich – orientiert am Physiker Heisenberg – auf ein Paradoxon: Je tiefer wir in die Materie hineinschauen, je mehr wir fixieren wollen, desto mehr verwischen die Elementarteilchen vor unserem Auge. „Verabschiedet man sich von der Vorstellung, dass Fotografie einen dokumentarisch-definierenden Wahrheitsgehalt hat, werden vorgeblich exakte Bildbegriffe amorph und verlieren ihre Dogmatik“ schrieb Klie zu seiner Ausstellung gleichen Titels (1998). In diese Zeit fällt auch die grundlegende Beschäftigung mit Friedrich Nietzsche und Gottfried Wilhelm Leibniz. Ab1998 kam es zu einer engen Zusammenarbeit mit dem Fotografen Gerhard Haug (bis 2006), das erste Ausstellungsprojekt „Referenz“ war Auftakt für weitere Projekte und führte 2003 zur Gründung der Gruppe „projectSTRAND.org“. Bis 2006 plante die Gruppe fiktionale und reale Interventionen im Stadtraum und realisierte Aktionen, Projekte und Ausstellungen. Als Quintessenz der Kunstinitiative „projectSTRAND.org“ erarbeiteten Haug und Klie die „Street_User_Interfaces“ (Bodenvitrinen im Straßenraum zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Straße) als Beitrag zum Wettbewerb „Kunstinstallationen für die Potsdamer Straße“ (2005). Das interkulturelle Ausstellungsprojekt „Infraestructura I–IV“ führte ihn 2005/2006 auf Einladung des Goethe-Instituts, der Humboldt-Gesellschaft und des „internationalen Monats der Fotografie“ in Ecuador mit Ausstellungen nach Quito, Guayaquil und Cuenca. Im Zentrum der Ausstellung lag als Thema das Problem der Perspektive. Der Horizont dieser „perspektivischen Schwierigkeit“ war nicht nur im Künstler als Betrachter begründet, sondern auch im Betrachteten und seinem Bewusstsein, betrachtet zu werden. Parallel dazu brachte die umfangreiche Auseinandersetzung mit dem Spätwerk Ludwig Wittgensteins (seit 2002, Wittgenstein-Trilogie 2003/2006 und Ausstellung „Philo so und so phie“ 2006) eine Zäsur, die ab 2007 für alle folgenden Arbeiten prägend sein sollte und den bisher eher rationalphilosophischen Aspekten seiner Arbeit eine stärker „sprachspielend-poetische“ Dimension verlieh. Der paraphrasierende, poetische Dialog zwischen Texten und Fotografien wurde ab 2009 das wichtigste Merkmal eines noch andauernden Werkabschnitts, der vorwiegend in Form von Fotobüchern und zunehmend auch durch Videoarbeiten realisiert wird. Das Buch „Flüchtige Gedanken, ein Mechanismus. [Propyleia]“ von 2009 beinhaltete die wesentlichsten formalen und inhaltlichen Merkmale: 30 Texte sind 90 Fotografien jeweils in Gegenüberstellung zugeordnet. Die Texte, die wie sachliche Erläuterungen zu den Bildern anmuten, lösen jedoch nur wenig oder nichts davon ein. Es geht um Zwischenzustände, um Unklares als Klarheit, um das Denken als verständliches Unverstehen. Der oft aphoristische Text konstruiert hier nur eine Beziehung, die ähnlich vage ist wie die referenzielle Potenz der Fotos, im Zusammenspiel mit dem Text Authentizität und Glaubwürdigkeit herzustellen. Dies gelingt nur ein einigen Stellen, die auf Konsens hoffen lassen – aber letztlich doch enttäuschen. 2010 fasste Klie eine Auswahl seiner Texte in dem Buch „Texte und Fragmente aus 7 Jahren, 2004 -2010“ zusammen.